Da war es nun, das Apartment, von dem meine Kollegen so schwärmten und dem ich mit etwas Murren zugestimmt hatte, weil es die einfachste und unkomplizierteste Art war, hier zu wohnen. Ich wusste, es würde wohl keine Tatamimatten geben auf denen ich nachts meinen Futon ausrollen konnte, keine Schiebetüren, hinter denen sich gleich der Garten befand, wie ich es bei meinem ersten Aufenthalt in Kyoto erlebt hatte. Gut, was dann? Bei meiner Ankunft war ich nur dankbar, angekommen zu sein und war überrascht über die Größe. Ich schätze mal gute 40m2 hat es bestimmt, was für japanische Verhältnisse unverschämt großzügig ist. In dem Haus befinden sich 6 solcher Apparments, die glaub ich alle irgendwie zur Uni gehören. Aber jetzt erstmal ein kleiner Rundgang...
Im Eingangsbereich gibt es die für alle japanischen Häuser typische Stufe, ab der man sich in Hausschuhen bewegt und die netterweise schon bereit standen.

Zur rechten gibt es ein Schlafzimmer mit einem - wie ich später bemerkte - recht komfortablen Bett und einem Schreibtisch. Rundherum befinden sich noch zwei Fenster und Einbauschränke und die multifunktionale Klimanlage, mit der man alternativlos im Winter heizt. Wie man sieht, ist das der von mir am meisten benutzteste Raum – ist auch der kleinste und damit der wärmste Raum in der Wohnung.

Vom Flur kommt man links in die Küche, die die größte Spüle aufweist, die ich je in einer Privatwohnung gesehen habe und einen immensen, beeindruckend gut funktionierenden Gasherd. Wenn die Töpfe genauso beeindruckend wären, wäre ich wahrscheinlich ständig am Kochen, aber die sind eher das Gegenteil.

Das wichtigste Gerät in diesem Haushalt steht auf der Durchreiche: der Wasserkocher! Das Gerät umfasst gute 3 Liter, hat einen magnetischen Stecker, einen Drehfuß und einen Henkel, so dass man ihn leicht befüllen und in der Wohnung umhertragen kann. Aber meist steht er an seinem Platz und hält das Wasser stundenlang auf 98°C oder 85°C (insbesondere wenn man vergisst ihn beim Weggehen oder über Nacht auszustecken). Ich muss sagen, dieses Gerät hat meinen Grünteekonsum um mindestens 300% gesteigert, was auch etwas der Wasserqualität geschuldet ist. Ich bin zwar umgeben von Bergen und dementsprechend wohl klarem Wasser, aber der Reinlichkeitsfimmel der Japaner macht auch beim Wasser nicht halt. Beim ersten Zähneputzen musste ich kräftig spucken. Mittlerweile schmecke ich das Chlor nicht mehr so, vielleicht auch, weil ich zu faul bin, die 2l Kanister vom Supermarkt nach Hause zu tragen...
In der Küche gibt es weiterhin einen Kühlschrank, eine Waschmaschine, einen Trockner, eine Mikrowelle, einen Minibackofen-Toaster und einen Reiskocher, aber dazu später mehr.
Durch die Durchreiche kann man ins sehr aufgeräumte, da ziemlich leere Wohnzimmer schauen.

Neben dem von mir hin- und wieder genutzten Tisch, gibt es da noch einen Fernseher, aber ich muss zugeben, ich habe ihn noch nicht ausprobiert. Mein Fokus in Sachen Ausprobieren lag deutlich woanders...
Nämlich hier:

Das Bad! Ich muss zugeben, dieser Ort – obwohl komplett aus Plastik wie mir scheint - hat mich doch recht schnell begeistert. Zum einen wohl, weil ich in Deutschland keine Badewanne habe, zum anderen wegen dieses roten Knopfes, dessen Bedienung ich sehr schnell herausfand: Automatik! Mit den kleinen grauen Schaltern rechts kann man die Liter und die Temperatur der Wanne voreinstellen, sowie Temperatur der Dusche. Die Plastikmatte auf dem Boden passt auch auf die Wanne, sodass das Wasser warm gehalten werden kann. Eine feine Sache: nach Hause kommen, ein Klick auf den roten Zauberknopf und etwa 30min später ist die Wanne voll von wohltemperiertem Wasser. Bevor man in die Wanne steigt, reinigt man sich auf dem Höckerchen sitzend mit dem Duschkopf und dann kann man stundenlang dort drin liegen (zumindest theoretisch) und es wird automatisch entsprechend heißes Wasser nachgefüllt. Angesichts der Temperaturen draußen, sehr angenehm – und ich weiss jetzt, dass meine Wohlfühltemperatur bei etwa 42°C liegt. Hinterher lüftet man per Fenster bzw. kann mit der Zeitschaltuhr unterm Lichtschalter noch einstellen, wie lange weitergelüftet werden soll, damit es innen gut trocknet.
Der letzte Raum, gegenüber der Küche... das kleine, stille Örtchen hat ein eigenes Kapitel verdient, daher dazu an anderer Stelle.
Als mich mein Empfangskommitee wieder verlassen hatte und ich wieder allein war, sank ich erstmal müde auf mein Bett. Das Bett ist lustigerweise doch ein Futon, der allerdings auf einer Matratze in einem westlichen Bett liegt. Den Sinn verstehe ich zwar nicht, aber es ist angenehm hart ohne wirklich hart zu sein, sowie das Kopfkissen auch aus einem mir unerklärlichen sehr steifen aber angenehm harten Material ist. Aber angenehm hin- oder her – in diesem Moment war ich hellwach und neugierig auf all das neue um mich herum. Um die eben erwähnte Badewanne auszuprobieren, machte ich mich erstmal an die „Bedienungsanleitungen“, die im Wohnzimmer lagen:

Das mit der Badewanne habe ich schnell herausgefunden, wenn auch schnell wieder vergessen... Dass der große graue Knopf ein Alarmknopf ist, habe ich erst vorgestern Nacht herausgefunden, und war danach noch eine Stunde lang besorgt, ob jeden Moment ein freundlicher Japaner mich wohl aus der Wanne klingeln würde, um nachzufragen, was los ist. Das kann mir beim Wasserkocher nicht passieren, der ist ständig in Gebrauch (und hat keinen Alarmknopf). Für den Reiskocher habe ich nächtliche 2 Stunden gebraucht, da ich mit den wenigen Hinweisen auf dem Manual trotzdem nicht wusste, was all die anderen blickenden Anzeigen zu bedeuten haben und mit welchem Programm man nun braunen Reis kocht... aber immerhin, am nächsten Tag gab es zur Belohnung direkt perfekt-gedämpften Reis. Alles in allem hangele ich mich nach Bedarf durch die einzelnen Geräte, mir graut etwas vor der Waschmaschine.. aber noch habe ich frische Unterwäsche aus Deutschland.