Sakura: Natur im Wandel
``Es ist Ende April und im Park schneit es erneut, wenn auch das Weiß im Wasser nicht vergeht, sondern stattdessen auf der Oberfläche treibt und nachts einen süßlichen Geruch verbreitet.
Sakura
Sakura - der Kirschbaum - blüht und seit etwa 10 Tagen ist der Park in schnellem Wandel. Ein zartes Grün hat sich schon in das Meer aus weißen, zum Teil zart rosafarbenen, Blüten gemischt und wird schon bald das Bild im Park dominieren. ''
So habe ich vor 20 Tagen meinen Bericht angefangen. "Sakura", die Kirschblüte, ein Wort hinter dem sich vieles verbirgt - zumindest habe ich es in so vielen verschiedenen Intonationen gehört, dass ich reichlich verwirrt war, um was es eigentlich geht und schwer schreiben konnte. Mit anderen Dingen ist es ähnlich - je länger ich hier bin, umso vorsichtiger werde ich mit dem Urteilen, oder anders gesagt, umso mehr merke ich dass ich nur wenig verstehe von dieser Kultur. Aber ich bemühe mich zumindest zu beschreiben und sollte ich dennoch versehentlich urteilen... schreibt mir!

Was Sakura betrifft, so hat sich mittlerweile der Trubel gelegt, die Fressstände im Park sind verschwunden und man findet erstaunlicherweise nicht das leiseste Anzeichen mehr des Spektakels - selbst die Blüten sind alle verschwunden. Das ist übrigens ein Phänomen - selbst wenn nachts eine wilde Freßorgie tobt, tagsüber Menschen im Park picknicken mit all ihrem Plastikgeschirr und Bentoboxen... am nächsten Morgen ist der Park wie frisch gefegt.
Sakura
Nun denn die Kirschblüten, der eigentlich Anlass dieses Festes... Ein paar Kirschbäume, die sich lange zurückgehalten haben werfen gerade ihre letzten Blüten. Diese Sorte hat sehr volle Blüten und leicht rötliche Blätter. Als ich sie das erste mal sah, war ich sehr erstaunt über diese Nachzügler, deren Blätter und Blüten eßbar sind und traditionell in Pflaumenessig und Salz eingelegt werden.

Früchte tragen diese Bäume nicht, also sind alle Aromastoffe in den Blättern und Blüten gesammelt. Die eingelegten und getrockneten Blüten kann man als Tee aufgiessen. Das sieht sehr schön aus. Der Geschmack erinnert allerdings eher an eine - wenn auch köstliche - Brühe und ich war reichlich irritiert, als ich dieses Getränk zum ersten Mal probierte. Aber frisch kann man sie auch aufbrühen. Der Kischtee schmeckt nur leicht salzig und hat ein sehr feines Kirscharoma. Und während der Tee auf Trinktemperatur abkühlt, wird einem die rasche Vergänglichkeit jugendlicher Schönheit im Zeitraffer vor Augen geführt...
Bei Fotografieren fiel mir auf, dass ich von den anderen Kirschblüten zwar unzählige Fotos gemacht habe.. aber ich hätte nicht sagen können, wieviele Blütenblätter eine Kirschblüte hat. "Hätte ich sie zeichnen müssen wäre das vermutlich anders gewesen." - dachte ich. Nun denn hier ein Foto der im Park hier vorherrschenden Art. Wer mehr Fotos sehen will... klicke auf das Bildchen.
Sakura
Natürlich gibt es auch für dieses Ereignis eine entsprechende Süßigkeit: In die salzig-sauer eingelegten Kirschblätter wickelt man rosafarbene mit Anko-gefüllte Reisbällchen: Sakura-Mochi! Diese Sorte von Mochi war das erste Mochi, dass ich in Deutschland gegessen hatte. Es war während des Teeunterrichts. Mag sein, dass meine Sinne deshalb so überwältigt waren von dieser homeopathischen Dosis Kirscharoma, aber ich könnte schwören, selbst die reifesten Kirschen können nicht so intensiv schmecken, wie diese Klebreisbällchen! Und das salzig-sauer eingelegte Kirschblatt ist zudem recht erfrischend.

Mein erstes Sakuramochi hier in Japan sollte daher ein besonderes sein, sprich nicht aus dem Supermarkt und ich wollte es nicht einfach so essen und schon gar nicht vor der Kirschblüte. Aber kaum blüten die Kirschbäume, war soviel los und letztlich habe ich gar kein Sakuramochi zu kaufen bekommen und nun ist die Saison schon wieder vorbei. Zum Trost habe ich mich doch vom Supermarktangebot verleiten lassen - So konnte ich euch zumindest ein Foto zeigen - der Geschmack indes... naja, nächstes Jahr..
Und obwohl etwas traurig über die verpasste Gelegenheit, bin ich doch ein großer Befürworter dieser saisonalen Spezialitäten. Mir scheint, hier gibt es jede Woche etwas, was nur jetzt Saison hat und sei es die Form der gepressten Zuckerstückchen. Wenn ich die Tochter der Süßwarenverkäuferin richtig verstanden habe, ist momentan Muschelform angesagt...
Kulinarische Überraschung