Auch wenn der Winter nun auch hier vorbei ist, möchte ich Euch eine kleine Geschichte nicht vorenthalten. Es mag wohl am zweiten Tag nach meiner Ankunft gewesen sein... Ich wohne im Erdgeschoß und aus meinem Bett blicke ich auf einen künstlichen See auf dem sich meist ein paar Enten tummeln. Und gefähr so:
Dahinter steht das moderne Gebäude der Universität, in deren Gästehaus ich untergebracht bin und das Gebäude direkt vor meiner Haustür ist ein Park-Café, dass recht gut sein soll (links im folgenden Bild)

Dort herrscht tagsüber ein reges Treiben und ganze Gesellschaften spazieren 2m entfernt von meinem Bett an meinem Fenster vorbei. Es ist also recht amüsant und kurzweilig vom Bett aus einfach nur aus dem Fenster zuschauen.

Trotzdem habe ich mich morgens hinausgewagt, hinaus vor die Tür. Wagen ist fast zuviel gesagt, denn gefährlich ist es hier überhaupt nicht. Ich bin umgeben von "Polizeiboxen" im Zentrum dieser Kleinstadt und fühle mich sehr behütet. Nein, mich hat es etwas Mühe gekostet, mein gemütliches Bett zu verlassen und mich der kalten Morgenluft zu auszusetzen. Was mich anzog war der Park, der hinter dem Unigebäude liegt - der einzige große grüne Fleck auf dem Stadtplan. Der ist jetzt ziemlich gelb und wenig ansehnlich, aber der gesamte Weg von mir bis zum Park ist gesäumt von noch friedlich schlummernden sehr alten Bäumen. Als ich sie an jenem Morgen dass erste Mal sah, blieb ich fasziniert stehen.

Ich war mir nicht sicher, was es für Bäume sind, aber ich hatte eine Ahnung.

Und wie ich da stand, fing es plötzlich an zu schneien und zwischen all den alten knorrigen Bäumen mit ihrer dunklen Borke, schwebten feine, weiße Flocken.

Und während der eine Teil meines Gehirns ganz klar wusste, dass es Schneeflocken sind, war der andere Teil wie hypnotisiert, denn die Ahnung wurde intuitiv zur Gewissheit. Ich sah mich um...sah die vielen alten knorrigen Bäume, wie sie entlang des Flusses rechts und links standen, wie sie eine Allee bildeten und realisierte plötzlich, dass es in diesem ganzen Zentrum nur eine einzige Baumsorte gab...und die Vorstellung dessen, was kommen wird; die Vorstellung, wie sich dieser Ort wandeln werden würde und dass ich inmitten all diesen Wandels wohnen werden würde...

Nie hätte ich gedacht, wie süß und intensiv die Vorfreude sein kann. Vielleicht ist sie noch schöner – die leise Vorahnung, während alles noch schläft... Ich ging weiter, dankbar für diese alten, schlafenden Bäume, und für den vertrockneten Park und für ein sehr altes Gedicht aus dem Kokin Wakashu ...
Da mein Herz von Sehnsucht tief gefärbt,
hielt für Blüten ich den Schnee,
der nicht vergehen will.
