Mittwoch abend hatte ich spontan die Möglichkeit bekommen, Einzelunterricht im zeremoniellen Teezubereiten zu bekommen. Mein Gefühl von damals - dass ich in das Haus der Teelehrerin wohl wieder zurückkehren werde, hat also gestimmt. Ich hatte mir den Weg durch das Labyrinth kleiner Straßen gut gemerkt gehabt und kam genau rechtzeitig an. Die Unterweisung begann gleich am Eingang mit dem Wasserbecken, in dem man - wie auch bei den Schreinen und Tempeln - Hände und Mund spült. Sie war erstaunt, dass ich kein Handtuch bei mir hatte - ich war erstaunt, dass man in Japan normalerweise immer ein Handtuch bei sich führt. Seitdem trage ich eines der kleinen weißen Handtücher aus dem 1 Euro-Shop mit mir herum und schaue, wofür das sinnvoll sein kann. Zum Trocknen des Fahrradsattels nach einem Regenschauer hat es sich schonmal bewährt. Aber zurück zum Tee, dem eigentlichen Anliegen meines Besuchs.
Das Teemachen klappte hervorragend und die Lehrerin war sehr zufrieden mit mir. Zumindest glaube ich das, wobei ich bei jedem Kompliment immer etwas am zweifeln bin, wieviel davon von der guten japanischen Sitte vorgeschrieben ist und wieviel echtes Erstaunen ist. Viel fragen ging auch nicht, denn im Gegensatz zu den Handgriffen beim Teemachen - über die wir uns sehr schnell mit Gesten einig wurden - war jegliche Kommunikation wahnsinnig anstrengend. Ich gebe zu, ich habe einige Male einfach nur genickt und ``hai, hai'' gesagt, in der Hoffnung, eine richtige Vermutung zu haben; jedem Satz mit einem freundlichen Lächeln und einer entschuldigenden Geste des Nicht-Verstehens zu begegnen, schien mir irgendwie auch unangemessen. Die gute Frau in dem schönen, schlichten Kimono und dem dezenten Make-up gab sich sehr viel Mühe alle Gegenstände auf englisch zu benennen. Ich habe ihr leider nicht so recht klarmachen können, dass mir die japanischen Namen der Gegenstände durchaus geläufig sind und im Gegensatz zu all den kleinen Wörtern dazwischen kein wirkliches Problem darstellen, zumal ich die Bezeichnung ``Matcha'' und ``Chawan'' verglichen mit ``green powdered tea in a tea bowl'' definitiv angemessener finde. Aber gut, sie war auf jeden Fall sehr bemüht und nun weiss ich nicht, wozu ich alles Ja-gesagt habe und wofür ich mich vielleicht fälschlicherweise alles ausgegeben habe.
Am Ende des Unterrichts gab es noch einige Fragen zum Essen.. Magst Du Sushi? Onigiri? Diese Süssigkeit oder jene.. Ich habe meistens ganz unschuldig mit ``Ja'' geantwortet. Zum einen war es einfacher, zum anderen gibt es in Japan bis auf wenige Ausnahmen, kaum Dinge, die ich wirklich nicht mag. Kurz darauf verschwand sie und kam mit einem Onigiri für mich zurück. Das ist so eine Art Reissandwich - recht lecker und praktisch. Ich bedankte mich und mir fiel der Käsekuchen ein, den ich am Nachmittag in der Konditorei erstanden hatte. Die Konditoreien hierzulande pflegen einen eher französischen Stil: es gibt - aus deutscher Sicht - winzige, teure, aber sehr hübsch-aussehende Kunstwerke dort zu kaufen. Mein erstes Miniatur-cheese-cake-chen habe ich mit einer Freizügigkeit kurzentschlossen weiterverschenkt, die mich selbst erstaunt hat. Aber ich fühlte mich von dem Unterricht, den schönen Gegenständen, Bewegungen und dem Ambiente so genährt, dass ich den Kuchen gut loslassen konnte. Allerings löste dass eine ungeahnte Reaktion bei Ihr aus. Denn nun lief sie suchend im Zimmer umher und kam aus all möglichen Ecken mit diversen Süssigkeiten zurück. Ich fühlte mich überhäuft mit Geschenken, die ich zwar artig dankend annahm, doch ich verließ das Haus etwas irritiert; ahnend, dass ich mich wohl mit der berüchtigten japanischen Sitte des Schenkens und Beschenkentwerdens werde auseinandersetzen müssen.
Japan ist das Land des Schenkens schlechthin, wobei es im Gegensatz zu unserer Kultur, dabei selten um das Geschenk an sich und um das Beschenkt werden geht. Hier steht das Schenken und evt. auch die Wertschätzung, die dadurch ausgedrückt wird im Vordergrund. Es gibt zahlreiche Süßwarenläden und Konditoreien, die zahllose sorgfältig eingepackte Boxen mit kleinen Keksen, Zuckerplätzchen, haltbarem Bohnenkonfekt, haltbarer Küchlein und ähnlichem anbieten - manchmal mit kleinem Sichtfensterchen, denn diese Küchlein, Kekse, Pralinen oder was auch immer, sind meist alle nochmal einzeln verpackt und mit Stempelchen der Konfisserie versehen... Zahllos und vielfältig und alles was ich bis jetzt probiert habe war gut. Kurioserweise werden die gar nicht wirklich gegessen. Sie werden einzeln zum Tee gereicht oder in Altären gehortet, gleich neben den einzeln verpackten, riesigen Edelorangen und Edeläpfeln.
Ich habe in Deutschland in den letzten Jahren mich dem Schenken enthalten, um aus dem Geschenkewahnsinn herauszukommen. Seit kurzem habe ich erstmals wieder aufrichtige Freude und Lust am Schenken verspürt und ich hatte wenig Lust mich jetzt wieder irgendeinem sozialen Druck auszusetzen. Auf der anderen Seite macht es auch Spaß zu schenken. Und ich überlegte schon, was ich bei meiner Rückkehr in dieses Land aus Deutschland mitbringen könnte. Was ist in Deutschland wertvoll, besonders und schön, dass man es Japanern schenken möchte? Meine Japanischlehrerin war von einem Küchenmesser von Henkel sehr angetan. Für sie ist Deutschland das Land der scharfen Messer und des Baumkuchens - den sie sehr mag. Ich werde weiter recherchieren, was die Menschen hier mit Deutschland verbinden... Seriöse, ernsthafte Menschen, soviel weiss ich schon.
Ich bin jedenfalls gespannt, wie sich diese Verbindung weiter entwickeln und wohin sie mich führen wird. Sofern es beim Süssigkeitentausch bleibt, ist das ein entspanntes und lustiges Spiel.

Ich habe es kommen sehen - nun ist es soweit: die Kirschbäume blühen!... zumindest einige und im Park unweit meines Appartments tummeln sich schon die Leute zwischen diversen kleinen Buden, Familien picknicken und lassen sich unter den Bäumen fotografieren, Kinder staunen und verliebte Päarchen turteln in der Dämmerung unter den Lampions, die überall aufgestellt sind.
Das Wetter war letztes Wochenende wie bestellt: sonnig, warm & windstill. Ich habe heute den ganzen Sonntag im Park verbracht, japanische Grammatik gelernt und die Atmosphäre genossen. Alle waren gut drauf und im Hintergrund säuselte von irgendwoher eine Art laute Spieluhr, die dem ganzen Schauspiel noch mehr Leichtigkeit und Lieblichkeit verlieh. Einige Fotos kann finden sich hier:
Hanami-Fotogalerie
Zwei Wochen sind die Buden wohl aufgebaut - zwei Wochen habe ich also Zeit, japanische Jahrmarktkost zu probieren. Was ich bisher gesehen habe waren CREPES, aufgerollt mit Schlagsahne drin (die hier irgendwie noch cremiger schmeckt, als bei uns), und buntem Zeugs obendrauf, Erdbeeren und Äpfel mit Zuckerguss, Bananen mit Schokoüberzug, frische Waffelbällchen - natürlich gefüllt mit Bohnenpaste, farbiges (und vermutlich gesüßtes) Wasser, z.T. mit Crushed-Ice, frittierte Süßkartoffeln, Omeletts mit diversen Füllungen, Gegrilltes Fleisch und natürlich Nudelsuppe und diese Spieße mit Bällchen aus gekochter Sojasoße, deren Geruch mir Übelkeit verursacht. Es ist bislang das einzige, womit man mich wirklich verjagen kann.
Interessant fand ich die zwei-drei Fischstände. Bei einem gab es sogar kleine Schildkröten zu kaufen. Beim Fischstand war tatsächlich ziemlich Andrang und ich sah einige Kids später noch mit kleinen Fischtüten umherlaufen. Mein Nachfragen ergab, dass die Fischchen wohl eine Art Katzen- oder Hundeersatz sind, die hier ziemlich teuer zu halten sind. Auf Katzen und Hunde muss man sehr aufpassen - streunende, herrenlose Tiere werden nach 24h eingeschläfert.
Das meiste was an den Ständen so angeboten wurde hat mich nicht sehr angesprochen und ich war eigentlich auch noch satt von einem sehr delikaten, späten Mittagessen - aber als mir eine Gruppe älterer Schüler mit diesem merkwürdig aussehenden Spieß entgegenkamen wurde ich doch neugierig... und da der Stand reichlich frequentiert war, probierte ich eine der - wie sich herausstellte - japanischen Hotdogs:

Das angebissene Würstchen habe ich euch erspart, aber im Prinzip ist es ein (sehr dünnes) Wiener-Würstchen auf einem Holzstäbchen aufgespießt und mit einem vermutlich Klebreis (Motchi!)-Teig umwickelt und dann frittiert und mit wahlweise Majo/Ketchup/Sojasoße.. eingepinselt. Das schmeckt wie Wiener-Würstchen ohne pappigen Brotgeschmack. Also wenn man Wiener Würstchen so sehr mag, dass man den recht stolzen Preis von 3,50 Euro für ein spärliches Würstchen ausgeben mag, dann kann damit glücklich werden... satt wird man davon nicht. Aber das brauchte ich auch nicht und so konnte ich Würstchen-knabbernd im Sonnenuntergang unter Lampions und Kirschblüten umherspazieren und den Tag verdauen.

Tagsüber verunstalten diese Laternen etwas das Bild. Aber die gehören vermutlich dazu. Ich habe mir sagen lassen, dass da die Namen von Firmen drauf stehen.. vermutlich Sponsoren. Abends erhellen die Laternen die Alleen und einen Sponsor konnte ich auf Anhieb entziffern...
