Die Toilettenschuhe
Sie ist längst überfällig, diese Geschichte - die Geschichte über die japanischen Toiletten, die auch in keinem Reiseführer oder Landschaftsporträt fehlt. Aber meine Geschichte dazu... brauchte eine Weile - oder vielmehr ich brauchte eine Weile, um mir eine Meinung zu bilden. Nein, das stimmt nicht, eine Meinung hatte ich schon vorher: Ich finde den Technikwahn der Japaner übertrieben und an ihren Toiletten kondensiert sich dieser übertriebene Technikwahn nun einmal. Ich brauche so ein High-Tech-Ding nicht für meinen Hintern. Und ich wusste, dass ich es haben werde, denn es ist ein Gerät, dass mittlerweile zur Standardausrüstung eines jeden japanischen Hauses gehört...
Nun, hier also meine Geschichte, oder vielmehr Geschichten, denn ich habe sie gesplittet. Aber vielleicht einmal von vor und mit einer vernünftigen Vorstellung für all jene, die das Vergnügen vorort an jenem Ort noch nicht hatten. Dies ist also meine Toilette:
This is the Toilett.
Etwas unscheinbar, aber ganz wichtig - rechts unten am Eingang: die Toilettenschuhe. Man zieht sie an, wenn man rein geht und zieht sie idealerweise aus, wenn man diese wieder verlässt. Dass man sie das allererste Mal vergisst auszuziehen, ist vermutlich fast obligatorisch für Nicht-Japaner und es nicht zu vergessen ist eher unmenschlich, als andersherum. Ich hatte dieses Erlebnis vor sieben Jahren in einem Gasthaus in Tokyo und der Schreck darüber scheint sich in meinem Gehirn erstaunlicherweise doch festverankert zu haben, denn ich kann stolz behaupten, dass sich diese Schuhe seit meiner Ankunft nicht mehr als 50cm von dieser Schwelle entfernt haben. Ich nehme es als kleines, tägliches Achtsamkeitstraining - es hilft tatsächlich erstaunlich gut gegen zuviel Gedankenversunkenheit!

Der eigentliche Nutzen dieses alten Rituals leuchtet mir dagegen wenig ein. Ich habe versucht mir vorzustellen, wie ungeschickt man sich auf diesem Ort anstellen muss, um einen derartigen Aufwand zu rechtfertigen. Mir fielen die Toiletten auf Tankstellen ein, aber da braucht es mehr als nur ein paar Wechselschuhe... und hier handelt es sich nicht um eine öffentliche Toilette, sondern um ein Einzelappartment.. Nein, ich bleibe beim Achtsamkeitstraining als Motivation und amüsiere mich darüber, dass ich für knapp einen Meter Fussboden, die Schuhe wechsele.

Allerdings muss man wissen, dass in Japan, wie auch in anderen südeuropäischen Ländern, traditionell das Hocken überm Donnerbalken kultiviert wurde. Das Prinzip des Lochs im Boden, bei dem die nackte Haut keinerlei unhygienische Oberflächen berühren muss, entsprach dem ausgeprägten Reinlichkeitsbedürfniss der Japaner - und tut es noch nach wie vor. So gibt es in öffentlichen Gebäuden meist westliche und traditionelle Toiletten, wenn auch letztere immer seltener - oder ich bewege mich in Etablissements, wo die Donnerbalken nicht zum Image passen. In meinem Institut habe ich jedenfalls noch keinen gefunden, sonst hätte ich ihn sicher fotografiert. In ihrer Schlichtheit eignen sie sich für ästethisches Design besser als die europäischen... Aber gut, es geht ja nicht nur um Ästetik.... Um zurück zum Thema zu kommen.. Beim Besuch einer solchen Toilette ist mir aufgefallen, dass der Umgang mit einer solchen doch wesentlich mehr...äh... Treffsicherheit bedarf...hüstel, hüstel.... Wenn man - mal abgesehen von europäischen Gästen - bedenkt, in welchen unterschiedlichen Gemütsverfassungen der Japaner diesen Ort aufsucht, könnte der Aufwand von Toilettenschuhen hier durchaus angemessen sein - so zumindest mein Resümee zum Thema Toilettenschuhe.